This is some text inside of a div block.
Zur Übersicht
ESG
Mar 31, 2025
5 min
LESEDAUER

VSME erklärt - Der freiwillige Nachhaltigkeitsstandard für KMU

Zwei Nachhaltigkeitsmanager die eine Visite machen

Was ist der VSME?

Im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) einen freiwilligen Nachhaltigkeitsstandard für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) entwickelt - den freiwilligen Standard für nicht-kapitalmarktorientierte KMUs (kurz: VSME, englisch: Voluntary Standard for Small- and Medium-sized Enterprises).

Um KMUs zu entlasten, fallen sie nicht in den Geltungsbereich der CSRD und können freiwillig entscheiden, ob sie nach dem VSME berichten wollen oder nicht. Der VSME soll KMUs dabei helfen, sich bei der Erfassung wesentlicher nicht-finanzieller Informationen und Kennzahlen zu orientieren und Unterstützung zu erhalten. Zudem ist auch eine selektive Nutzung einzelner Bestandteile des Standards möglich.

Inhaltlich orientiert sich der VSME an den Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) - den verpflichtenden Standards der CSRD. Der VSME ist jedoch proportional gestaltet, um die spezifischen Bedürfnisse und Ressourcen kleinerer Betriebe zu berücksichtigen.

Ziele des VSME

Im Kern verfolgt der Standard vier Ziele:

  1. Unterstützung bei der Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen in der Lieferkette. KMUs können leichter und einheitlicher (sprich vergleichbarer) die Nachhaltigkeitsdaten liefern, die große Unternehmen von ihren Lieferanten erwarten.
  2. Besserer Zugang zu Finanzmitteln. Durch die strukturierte Angabe relevanter Nachhaltigkeitsinformationen erfüllen KMUs die Anforderungen von Banken und Investoren – und verbessern so ihre Finanzierungschancen.
  3. Stärkung des Nachhaltigkeitsmanagements. Der VSME hilft KMUs, Umwelt- und soziale Herausforderungen wie Umweltverschmutzung oder Arbeitssicherheit gezielt anzugehen. Das stärkt ihr Wachstum und erhöht ihre Widerstandsfähigkeit auf kurze, mittlere und lange Sicht.
  4. Der Beitrag zu einer nachhaltigeren und inklusiven Wirtschaft.

KMUs werden dabei unterstützt, ihre Rolle als Treiber für eine zukunftsfähige und gerechtere Wirtschaft zu stärken.

Relevanz des VSMEs unter dem Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission

Der Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission, der im Februar 2025 veröffentlicht wurde, hat die Landschaft der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung grundlegend verändert. Ziel des Vorschlags ist es, den administrative Aufwand für Unternehmen zu reduzieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Im Rahmen der CSRD sieht der Omnibus-Vorschlag vor, dass Unternehmen mit weniger 1.000 Mitarbeitenden von der direkten Berichtspflicht befreit werden. Dadurch entfällt für diese Unternehmen die umfassende Berichtspflicht nach den Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS). Obwohl kleinere Unternehmen somit nicht mehr direkt unter die CSRD-Berichtspflicht fallen, müssen sie oft weiterhin Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen – etwa als Teil der Lieferkette großer, berichtspflichtiger Unternehmen, die auf diese Daten angewiesen sind.

Der VSME-Standard spielt in diesem Kontext eine wichtige Rolle: Er bietet kleineren Unternehmen eine strukturierte und ressourcenschonende Möglichkeit, die erforderlichen Nachhaltigkeitsinformationen zu liefern, ohne die umfassenden ESRS-Anforderungen erfüllen zu müssen. Der VSME fungiert dabei als Schutzschild – als sogenanntes “Value-Chain-Cap“. Das bedeutet, dass der VSME heute (und zukünftig der neue freiwillige Standard auf Basis des VSME) die Maximalanforderungen bildet, die CSRD-pflichtige Unternehmen von ihren nicht-CSRD-pflichtigen Lieferanten einfordern dürfen. Er legt somit die Obergrenze für die Nachhaltigkeitsinformationen fest, die diese größeren Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette abfragen dürfen.

Für kleinere Unternehmen bedeutet dies, dass ein Nachhaltigkeitsbericht nach dem VSME als Schutzschild vor der Forderung zusätzlicher Informationen durch größere Geschäftspartner dient – mit Ausnahme von branchenspezifisch üblichen Informationen. Die Sicherstellung des “value chain caps” soll von den EU-Ländern selbst überwacht werden.

Sollte der Vorschlag umgesetzt werden, ist eine Überarbeitung des VSME zu erwarten, da dieser dann nicht nur für Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden, sondern auch für solche mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden gelten würde. Der neue freiwillige Standard soll voraussichtlich vier Monate nach Verabschiedung des Vorschlags 81 erstellt werden. Die Veröffentlichung ist somit im ersten Halbjahr 2026 zu erwarten.

Potenzielle Entwicklungen im VSME

Derzeit liegt keine offizielle Übersetzung des VSME aus dem Englischen in andere EU-Sprachen vor, und es bleibt unklar, ob und wann dies erfolgen wird. Zudem könnte der VSME durch die neuen Anforderungen des Omnibus-Pakets an Komplexität gewinnen, um den erweiterten Berichts- und Transparenzansprüchen gerecht zu werden. Dies könnte zu einer Anpassung der Module führen, um sowohl die Nutzerfreundlichkeit als auch die inhaltliche Tiefe zu wahren.

Struktur des VSMEs: Basis- vs Umfassendes Modul

Der VSME besteht aus zwei Modulen: dem Basismodul und dem umfassenden Modul.

Basismodul

Wie der Name schon verrät, bietet das Basismodul eine Einstiegsebene in die Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMUs. Es verwendet eine vereinfachte Sprache und umfasst mit 11 Angabepflichten — einschließlich narrativer Angaben und Metriken — deutlich weniger Inhalte als die ESRS unter der CSRD. Die Angabepflichten sind den ESG-Themenblöcken (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) zugeordnet. Unternehmen, die nach VSME berichten möchten, sollten alle Angabepflichten des Basismoduls beantworten. Da der VSME keine Doppelte Wesentlichkeitsanalyse erfordert, gilt das Anwendungsprinzip ("applicability"). Einige Datenpunkte müssen somit nur ausgefüllt werden, wenn die dazugehörige Bedingung auf das Unternehmen zutrifft ("if..."). Es gibt jedoch keinen kompletten Ausschluss von Themen oder Angabepflichten auf Basis des Wesentlichkeitsprinzips nach den ESRS.

Umfassendes Modul

Das Umfassende Modul baut auf dem Basismodul auf, dessen Anwendung Voraussetzung ist. Es enthält neun zusätzliche Angabepflichten und nutzt nachhaltigkeitsbezogene Finanzdatenpunkte als Stellvertreter (Proxies). Diese Proxies dienen als vereinfachte Indikatoren, um die ESG-Performance des KMUs messbar zu machen und den Zugang zu nachhaltiger Finanzierung zu erleichtern.

Die Angabepflichten des Umfassenden Moduls sind nur zu betrachten, falls sie für das Unternehmen relevant sind. Bei der Beurteilung hilft eine Doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Diese ist jedoch keine Voraussetzung.

Tanso Tipp:
Die Berichterstattung nach dem umfassenden Modul setzt voraus, dass auch das Basismodul berücksichtigt wird. Unternehmen, die sich für das Umfassende Modul entscheiden, müssen daher zusätzlich die elf Angabepflichten des Basismoduls erfüllen. Ein Bericht nach dem Basismodul kann hingegen eigenständig erfolgen.

Tragende Prinzipien des VSME

Doppelte Wesentlichkeit:

Auch wenn der VSME keine Doppelte Wesentlichkeitsanalyse erfordert, möchte er Unternehmen die Möglichkeit geben, sowohl  (1) über ihre positiven und negativen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt und die Einbeziehung zusätzlicher Informationen, die nicht durch den VSME abgedeckt sind, als auch (2) über den Einfluss von Umwelt- und sozialen Themen auf ihre finanzielle Situation zu berichten. Es sollen also beide Perspektiven der Wesentlichkeit betrachtet werden.

Einbeziehung zusätzlicher Informationen, die nicht durch den VSME abgedeckt sind

Unternehmen dürfen auch Kennzahlen berichten, die nicht im VSME-Standard enthalten sind. Dies ist sinnvoll, wenn diese Informationen für das jeweilige Unternehmen oder seine Branche wichtig sind. Zum Beispiel können sie zusätzliche Beschreibungen oder Zahlen aufnehmen, bspw. zu Arbeitnehmende in der Wertschöpfungskette. So wird sichergestellt, dass kein wichtiger Nachhaltigkeitsaspekt ausgelassen wird, auch wenn er nicht ausdrücklich im Standard steht.

Vergleichsinformationen

Unternehmen sollen ihre Daten mit denen des Vorjahres vergleichen können. Deshalb müssen sie für alle Kennzahlen die Werte des letzten Jahres angeben. Die einzige Ausnahme sind neue Kennzahlen, die zum ersten Mal berichtet werden. Diese Vergleichsdaten sind ab dem zweiten Jahr der Berichterstattung nach VSME ein Muss.

"If applicable"-Prinzip

Das "If applicable"-Prinzip (zu Deutsch: "Falls zutreffend") macht die Berichterstattung für Unternehmen flexibler. Es bedeutet ganz einfach: Ein Unternehmen muss bestimmte Informationen nur dann angeben, wenn die dazugehörige Bedingung auf das Unternehmen zutrifft.

Konkret heißt das:

  • Jede Angabe hat klare Vorgaben, wann sie ausgefüllt werden muss.
  • Wenn eine Angabe für ein Unternehmen nicht relevant ist, kann sie weggelassen werden.
  • Bei weggelassenen Angaben wird davon ausgegangen, dass die dazugehörigen Voraussetzung nicht auf das Unternehmen zutrifft.

Beispiele für das Prinzip:

  • B4 - Umweltverschmutzung: „Wenn das Unternehmen bereits aufgrund von Gesetzen oder anderen nationalen Vorschriften verpflichtet ist, den zuständigen Behörden über seine Schadstoffemissionen zu berichten...“
  • B6 - Wasser:  „Wenn das Unternehmen über Produktionsverfahren verfügt, die in erheblichem Umfang Wasser verbrauchen...“
  • C5 - Soziale Kennzahlen: „Wenn das Unternehmen 50 oder mehr Arbeitnehmende beschäftigt...“

Dieser praktische Ansatz ermöglicht es jedem Unternehmen, sich auf die Informationen zu konzentrieren, die für seine spezifische Situation wirklich relevant sind.

Einbeziehung von Tochtergesellschaften

Bezüglich der Einbeziehung von Tochtergesellschaften bestehen klare Regelungen: Die Muttergesellschaft ist berechtigt, einen konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht für den gesamten Konzern zu erstellen. Dieser umfassende Bericht integriert sämtliche relevanten Nachhaltigkeitsinformationen der Tochtergesellschaften. Sofern die Muttergesellschaft diese konsolidierte Berichterstattung bereits durchführt, entfällt für die Tochtergesellschaften die Notwendigkeit einer separaten Berichterstattung. Diese Vorgehensweise optimiert den Berichterstattungsprozess und vermeidet redundante Angaben. Alternativ kann für jedes Tochterunternehmen ein eigenständiger Bericht erstellt werden. Dies ist jedoch nicht empfohlen. Idealerweise sollte derselbe Konsolidierungskreis genutzt werden, wie beim finanziellen Lagebericht.

Zeitpunkt und Ort des Nachhaltigkeitsberichts

Für den Nachhaltigkeitsbericht gelten folgende zeitliche und organisatorische Regeln:

  • Der Bericht muss jedes Jahr erstellt werden, wenn große Unternehmen oder Banken dies verlangen.
  • Der Berichtszeitraum soll dem des finanziellen Jahresabschlusses entsprechen.
  • Wenn sich Daten im Vergleich zum Vorjahr nicht geändert haben, reicht eine einfache Mitteilung darüber.

Unternehmen haben zwei Möglichkeiten zur Veröffentlichung:

  • Als Teil des (finanziellen) Lageberichts
  • Als separates Dokument

Um doppelte Arbeit zu vermeiden, können Unternehmen auf Informationen verweisen, die bereits in anderen Dokumenten veröffentlicht wurden.

Klassifizierte und sensitive Informationen

Wenn die Angabe von klassifizierten oder sensiblen Informationen gemäß dem Standard erforderlich ist, kann das Unternehmen diese Informationen weglassen. Entscheidet sich das Unternehmen, diese Informationen wegzulassen, muss dies in der Angabepflicht B1 im Basismodul angegeben werden.

Übereinstimmung und Verknüpfung zum Finanzbericht

Die Informationen im Nachhaltigkeitsbericht müssen mit denen im Finanzbericht des Unternehmens übereinstimmen und auf eine Weise präsentiert werden, die es ermöglicht, die Verbindungen zwischen den beiden Bereichen zu verstehen. Dies kann zum Beispiel durch geeignete Querverweise erreicht werden.

Entdecken Sie Tanso –
Ihre Komplett­lösung für Nachhaltigkeit

Andere Artikel, die für Sie interessant sein könnten

Erfahren Sie Neuigkeiten aus dem Tansoversum.