Omnibus-Vorschlag der EU: Die Handlungsempfehlungen für Unternehmen im Überblick

Der Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission zur CSRD bietet Unternehmen mehr Zeit, um sich mit der Berichterstattung auseinander zu setzen. Doch wie lässt sich die gewonnene Zeit sinnvoll nutzen? Für viele Unternehmen stellt sich die Frage: Abwarten oder gezielt handeln? Dieser Artikel gibt einen Überblick, welche Unternehmen bis wann aktiv werden sollten.
Status Quo: April 2025
Durch den Omnibus Vorschlag sollen CSRD, CSDDD, EU-Taxonomie und CBAM harmonisiert und vereinfacht werden. Ziel ist es, die Berichtspflichten für große Unternehmen um 25% und für klein- und mittelständische Unternehmen (KMUs) um 35% zu reduzieren.
Während die neuen Kriterien die Berichtspflicht für Unternehmen einerseits vereinfachen sollen, bestehen weiterhin Unsicherheiten. Die Initiative der EU-Kommission umfasst im ersten Schritt nur Vorschläge. Am 3. April 2025 hat das Europäische Parlament in einem Eilverfahren dem Vorschlag 80 zugestimmt, am 17. April 2025 ist die EU-Richtlinie 2025/794 in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten sind nun verpflichtet, die Richtlinie bis spätestens 31. Dezember 2025 in nationales Recht umzusetzen, um Rechtssicherheit für Unternehmen sicherzustellen.
In den nächsten Monaten wird sich zeigen, wie die Omnibus Initiative endgültig umgesetzt wird.
VSME als pragmatischer Ansatz zur Berichterstattung
Im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) einen freiwilligen Nachhaltigkeitsstandard für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) entwickelt - den freiwilligen Standard für nicht-kapitalmarktorientierte KMUs (kurz: VSME, englisch: Voluntary Standard for Small- and Medium-sized Enterprises).
Unternehmen, die durch die wahrscheinliche Einführung eines neuen Schwellenwerts anhand ihrer Mitarbeitendenzahl potenziell zukünftig nicht mehr unter die CSRD fallen, sollen nach einem neuen freiwilligen Standard auf Basis des VSME freiwillig berichten können. Dieser soll KMUs dabei helfen, sich bei der Erfassung wesentlicher nicht-finanzieller Informationen und Kennzahlen zu orientieren und Unterstützung zu erhalten. Der VSME ist angepasst, um die spezifischen Bedürfnisse und Ressourcen kleinerer Betriebe zu berücksichtigen.
Insbesondere entlang der Lieferkette dient der VSME als Schutzschild oder „value-chain cap“ gegen zusätzliche Datenanfragen: Laut EU-Kommission sollen Unternehmen von anderen Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette keine weitergehenden Informationen anfordern dürfen als im VSME vorgesehen. Die Nutzung des VSME ist freiwillig, kann aber in vielen Fällen dazu beitragen, regulatorischen sowie marktseitigen Anforderungen effizient zu begegnen.
Vier zentrale Unternehmenstypen – und wie sie jetzt handeln sollten

1. Große kapitalmarktorientierte Unternehmen
Situation mit Omnibus:
Unternehmen mit > 1.000 Mitarbeitenden (1. Welle, NFDR) sind in Deutschland weiterhin verpflichtet, ohne erforderliche Prüfung nach NFRD zu berichten.
- Nach EU-Recht gilt eigentlich CSRD-Pflicht mit begrenzter Sicherheit ab GJ 2024.
- Bis zur Umsetzung in nationales Recht gilt in Deutschland die NFRD.
- Bei Umsatz > €450M sind die Unternehmen auch EU-Taxonomie-pflichtig (auch bei NFRD).
Unsere Empfehlung:
Die CSRD-Berichterstattung sollte wie geplant fortgeführt werden. Es empfiehlt sich, den Zeitplan für die Veröffentlichung des ersten Berichts nach ESRS für Geschäftsjahr 2024 einzuhalten, damit keine Abbruch- und Neustartkosten entstehen. Die Erfahrungen aus dem ersten Berichtsjahr sollten genutzt werden, um die Automatisierung und die Datenqualität in Schwerpunktbereichen zu verbessern. Parallel dazu ist eine frühzeitige Vorbereitung auf die Prüfungspflicht für das Geschäftsjahr 2025 sinnvoll. Unternehmen sollten zudem die Prüfungs-Standards der Wirtschaftsprüfer erfragen, um sich auf die angekündigten Guidelines ab 2026 vorzubereiten. Sollten deutsche Unternehmen für das GJ24 aufgrund der fehlenden CSRD-Umsetzung noch nach NFRD berichtet haben, sollten diese für das GJ25 einen Bericht nach ESRS anstreben, da es sein kann, dass Deutschland das CSRD Gesetz noch bis Ende dieses Jahres umsetzt.
2. Große nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen
Situation mit Omnibus:
Die privaten Unternehmen mit > 1.000 Mitarbeitenden (2. Welle, Aufschub) profitieren voraussichtlich von der gewonnenen Zeit, sollten jedoch ihre Nachhaltigkeitsinitiativen nicht pausieren.
- Die CSRD-Berichtspflicht mit begrenzter Sicherheit gilt ab GJ 2027.
- Umsetzung der CSRD spätestens 2026 zu erwarten, somit ergibt sich ein sicherer Rechtsrahmen vor GJ 2027.
- Viele Unternehmen sind bereits in Erstellung des Berichts für GJ 2025 und beenden aktuell die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse (DWA) oder erheben bereits Daten.
- Bei einem Umsatz von > €450M sind Unternehmen auch verpflichtet, nach EU-Taxonomie zu berichten.
Unsere Empfehlung:
Den Fokus auf wesentliche Themen legen und das Geschäftsjahr 2025 als Vorbereitungsjahr nutzen, einschließlich der DWA und der Veröffentlichung eines freiwilligen, ungeprüften Berichts. Bereits getätigte Investitionen sind mit Blick auf mögliche Abbruch- und Neustartkosten zu bewerten. Die DWA kann dabei als Werkzeug zur Identifikation und Priorisierung strategischer Themen und Risiken genutzt werden. Es ist zu empfehlen, diese bereits durch ihre Wirtschaftsprüfungsgesellschaft begleiten zu lassen. Ansonsten können die Kosten für Prüfungen und Kontrollen im ersten Jahr reduziert und die Erkenntnisse für das Geschäftsjahr 2026 genutzt werden. Auch die Investition in ein automatisiertes Datenmanagement hilft, den langfristigen Aufwand zu senken. Die Nachhaltigkeitsziele und Zeitleisten sollten entlang eigener Prioritäten, wie Kundenanforderungen oder Effizienzzielen, neu ausgerichtet werden.
3. Kapitalmarktorientierte Unternehmen mit ≤ 500 Mitarbeitenden und nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen mit <1.000 Mitarbeitenden
Situation mit Omnibus:
Die kapitalmarktorientierten Unternehmen mit ≤ 500 Mitarbeitenden (3. Welle, VSME) und nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen mit <1.000 Mitarbeitenden (2. Welle, VSME) fallen aus der CSRD-Berichtspflicht heraus.
- Es gilt keine Berichtspflicht nach CSRD mehr (LSME* irrelevant für Unternehmen der 3. Welle).
- Welle 2: Viele Unternehmen sind bereits in Erstellung des Berichts für GJ 2025, aktuell in DWA2 oder Datenerhebung.
- Welle 3: Einige Unternehmen sind bereits in Vorbereitung des Berichts für GJ 2026 oder aktuell in DWA.
*Der Standard for "Listed small, medium enterprises" ist als vereinfachter Standard für börsennotierte KMUs, kleine Banken und firmeneigene Versicherer (zusammen „LSME“) gedacht und aktuell noch im Entwurfsstadium. Er stellt eine Ausnahmeregelung zu den sektoralen ESRS dar.
Unsere Empfehlung:
Sie sollten bereits gestartete Prozesse nicht stoppen, sondern sich neu ausrichten. Dabei können Sie in Abstimmung mit dem Management den Fokus auf strategischen Prioritäten, inklusive klarer Zeitrahmen, Ressourcenplanung und Meilensteinen, setzen. Ergänzend dazu sollte eine pragmatische DWA sowie ein Gap Analyse zur Erstbewertung durchgeführt werden. Für das Geschäftsjahr 2025 empfehlen wir die Veröffentlichung eines VSME-Berichts. Der Fokus sollte auf der Identifizierung und dem Management von Klimarisiken liegen, da diese für Banken, Versicherungen und in der Kundenkommunikation weiterhin von Bedeutung sind. Zudem ist es sinnvoll, in ein effizientes Datenmanagement zu investieren, um verschiedene Stakeholder-Anforderungen ressourcenschonend bedienen zu können und eine verlässliche „Single Source of Truth“ für alle Nachhaltigkeitsdaten aufzubauen.
4. Kapitalmarktorientierte Unternehmen mit 500 - 1.000 Mitarbeitenden
Situation mit Omnibus:
Die kapitalmarktorientierten Unternehmen mit 500 - 1.000 Mitarbeitende (1. Welle, NFRD) unterliegen aktuell weiterhin der NFRD-Pflicht.
- Für sie gilt keine Berichtspflicht nach CSRD.
- Jedoch gilt die Berichtspflicht nach NFRD (ohne Prüfung), solange es in Deutschland keine nationale CSRD-Gesetzgebung gibt.
- Viele Unternehmen haben bereits ihren ersten CSRD Bericht erstellt und eingereicht, einige sogar einen geprüften Bericht.
Unsere Empfehlung:
Die aktuelle Berichterstattung konsolidieren, um die strategischen Prioritäten ebenfalls gemeinsam mit dem Management neu auszurichten, inklusive klarer Zeitrahmen, Ressourcenplanung und Meilensteine. Ergänzend sollte auch hier eine pragmatische DWA sowie ein Gap Analyse zur Erstbewertung durchgeführt werden. Für das Geschäftsjahr 2025 empfehlen wir diesen Unternehmen die Fortführung der Berichterstattung nach ESRS, um im Hinblick auf regulatorische Änderungen abgesichert zu sein. Dabei sollte der Fokus auf den wichtigsten Angabepflichten mit höchster strategischer Priorität liegen, im Sinne eines „ESRS Fokus“ (siehe Seite 23), um den Aufwand möglichst überschaubar zu halten. Gleichzeitig sollten die Prüfungskosten sowie der Aufwand für Kontrollbesuche auf ein Minimum reduziert werden. Der Aufbau eines effizienten Datenmanagements ist auch hier zentral, um verschiedene Stakeholder-Anforderungen ressourcenschonend zu bedienen und eine verlässliche „Single Source of Truth“ für alle Nachhaltigkeitsdaten zu schaffen. Alternativ können Sie in Deutschland für die GJ 24 und 25 natürlich weiterhin planen, nach NFRD zu berichten. Dies ist jedoch mit einem regulatorischen Risiko behaftet, da weder der neue vorgeschlagene Grenzwert (1.000 Mitarbeitende) noch das deutsche CSRD-Umsetzungsgesetz aktuell bereits fix sind.
Fazit zu Omnibus: Zeit nutzen statt abwarten
Die regulatorische Verschiebung entbindet Unternehmen nicht von ihrer Verantwortung. Nachhaltigkeit bleibt ein strategisches Kernthema. Unternehmen sollten die Zeit gezielt nutzen, um Prozesse zu optimieren, ihre Datenlage zu verbessern und relevante Nachhaltigkeitsthemen proaktiv zu adressieren. Wer jetzt handelt, sichert sich langfristig Wettbewerbsvorteile und bleibt resilient gegenüber künftigen Anforderungen.
CSRD und VSME mit Tanso umsetzen
Tanso unterstützt mittelständische Industrieunternehmen bei der Erstellung ihres Nachhaltigkeitsberichts – ob nach CSRD oder VSME. Die Software ermöglicht eine flexible Berichterstattung je nach bevorzugtem Standard und nutzt Datensynergien für eine effiziente Umsetzung.